Mittwoch vor einer Woche auf der Autobahn 2 bei Lauenau: Mehr als 50 ehrenamtliche Feuerwehrleute sind zu einem schweren Unfall mit vier Lastwagen ausgerückt.
Ein LKW-Fahrer hatte ein Stauende übersehen und war nahezu ungebremst auf einen Möbellaster aufgefahren. Dessen Fahrer wurde schwer eingeklemmt und starb noch an der Unfallstelle, sein Beifahrer und der Verursacher wurden lebensgefährlich verletzt.


Sieben schwere Unfälle auf 30 Autobahnkilometern in nur fünf Monaten
Für die freiwilligen Helfer war das eine belastende Situation, die sich nach Befürchtungen von Kreisbrandmeister Klaus-Peter Grote in Zukunft häufen wird.
Nur rund 30 Autobahnkilometer führen durch den Landkreis Schaumburg. Doch in den ersten fünf Monaten des Jahres waren die Ehrenamtlichen bereits zu sieben heftigen Unfällen ausgerückt, bei denen oft mehrere Menschen eingeklemmt waren und sogar starben.
Mit einem Offenen Brief an Politik und Polizei hat Grote nun mehr Prävention zur Verkehrssicherheit auf den Autobahnen in Schaumburg und ganz Niedersachsen gefordert.
Offener Brief an Polizei und Bundestagsabgeordnete
Die zwei DIN A4-Seiten richten sich direkt an die Polizei und Bundestagsabgeordneten Marja-Liisa Völlers , Katja Keul und Maik Beermann, die den Landkreis Schaumburg in Berlin vertreten – und mit denen Grote auch immer wieder persönlich im Gespräch ist.
Deshalb ist der Brief wohl eher als ein offener Hilferuf zu sehen, um auf die Situation der Ehrenamtlichen auch in der breiten Öffentlichkeit aufmerksam zu machen.


Überhöhte Geschwindigkeit, zunehmende Zahl von LKW, fehlender Abstand
Seit 2004 hat Klaus-Peter Grote als Kreisbrandmeister nicht nur eine Fürsorgepflicht für die rund 3500 Ehrenamtlichen in seinem Landkreis – als Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbands Niedersachsen nimmt er seit 2011 auch landesweit eine Steigerung der Einsätze auf Autobahnen wahr.
Ein Grund dafür scheinen nach seinen Beobachtungen der fehlende Sicherheitsabstand, zu hohe Geschwindigkeiten und ein starker Anstieg des LKW-Verkehrs zu sein.
Gerade gegen fehlende Sicherheitabstände und die Geschwindigkeitsverstöße solle die Polizei mehr vorgehen.
Statements der Abgeordneten
Für ein YouTube-Video habe ich versucht, die angeschriebenen Abgeordneten vor die Kamera zu bekommen. Da sie Sitzungswoche in Berlin hatten, konnten sie mir nur schriftliche Statements zukommen lassen.
Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul schreibt:
„Es ist überhaupt keine Frage, dass die Sonderbelastungen der Wehren entlang der Unfallstrecke A2 ausgeglichen werden müssen, personell wie bei Ausstattung und Betreuung. Ein grausiger Unfall nach dem anderen kann das jahrelange Herumgeeiere „mit flexiblen Lösungen“ und „Modellversuchen in Braunschweig etc.“ in meinen Augen nur noch makaber erscheinen lassen. Wir haben bundesweit die Einführung von Höchstgeschwindigkeiten immer wieder gefordert. Dabei denken wir Klimaschutz und Sicherheit zusammen. Unsere Parteifreunde im Landtag von Niedersachsen haben erst wieder Anfang 2019 klipp und klar gesagt: „Tempo 100 auf der A2“. Nur so können wir die schweren Unfälle reduzieren, die u.a. durch das „Übersehen von Stauenden“ ausgelöst werden.
Offensichtlich stehen die Reaktionszeiten der Verkehrsteilnehmer im Missverhältnis zu gefahren Geschwindigkeiten, gerade im Abschnitt Schaumburg der A2. „
Aus dem Büro von Marja-Liisa Völlers (SPD) gab es dieses Statement:
„Marja-Liisa Völlers steht zu der von Ihnen angesprochenen Thematik bereits seit längerem in einem regen Austausch mit dem hiesigen Kreisbrandmeister Klaus-Peter Grote und hat hierzu bereits zahlreiche Gespräche mit ihm geführt.
Auch ist sie zu der Thematik in Kontakt mit den zuständigen Expertinnen und Experten der SPD-Fraktion.“
Der CDU-Abgeordnete Maik Beermann ließ mitteilen:
„Die Feuerwehr leistet hier ehrenamtlich eine notwendige und physisch wie psychisch anstrengende Arbeit und sollte daher auch ausreichend hierfür ausgerüstet sein. Ich habe mich diesbezüglich an den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur gewandt und um eine Bewertung und etwaige Benennung von unterstützenden Bundesmitteln gebeten. Hier liegt im Vergleich zu anderen Kommunen und Kreisen durch die Unfallhäufungen ein struktureller Nachteil vor, der auch politisch betrachtet werden muss.“


Kommunen an der Autobahn werden auch finanziell stark belastet
Auch der finanzielle Aspekt für die Kommunen entlang der Autobahnen wird von Klaus-Peter Grote in’s Spiel gebracht. So würde sich der Bund nur unverhältnismäßig wenig an der Beschaffung der Sonderfahrzeuge wie Rüstwagen beteiligen, die für schwere LKW-Unfälle beschafft werden müssten.
Polizei hält Zahl der Kontrollen für ausreichend
Natürlich wollte ich auch die im Interview kritisierte Polizei zu Wort kommen lassen.
Nachdem ich vorgestern Morgen eine Interviewanfrage an den Leiter der Autobahnpolizei gestellt und nachmittags mit einem Polizei-Pressesprecher in Hannover telefoniert hatte, wurde mir gestern von dort per Mail mitgeteilt:
„Nach Rücksprache mit dem Verkehrsdezerneten unserer Behörde stehen die beiden jüngsten Unfälle auf der BAB 2 in einem unglücklichen kausalen Zusammenhang. Die Unfallursache des ersten Unfalls bei Bad Nenndorf (27.05.2019) war offenbar ein Reifenplatzer. Durch diesen Unfall musste die BAB 2 im Bereich der Unfallstelle saniert werden, wodurch eine kurzzeitige Baustelle eingerichtet werden musste. In Folge dieser Baustelle bildete sich ein Rückstau, aus dem schlussendlich der zweite schwere Unfall im Bereich Lauenau resultierte.
Presseinformationen zu den Unfällen:
https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/66841/4282111
https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/66841/4284365
Die PD Hannover hat im vergangenen Jahr umfangreiche Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen auf der BAB 2 durchgeführt. Diese wurden zum Teil auch durch Presseinformationen begleitet. Diese finden Sie ebenfalls im Presseportal. Die Kontrollen auf der BAB 2 finden auch noch weiterhin statt“
Nachdem ich daraufhin, zugegeben etwas süffisant, geantwortet habe, dass man demnach scheinbar keine Notwendigkeit sieht, vor der Kamera auf den offenen Brief und die Forderungen nach mehr Kontrollen einzugehen, wurde mir ein Interview in Hannover, und zwar mit einem Pressesprecher, und nicht dem Leiter der Autobahnpolizei, angeboten.
Das habe ich allerdings aus zeitlichen Gründen nicht mehr wahr genommen.