Der Alarm erreichte die Ehrenamtlichen heute Morgen um 8.08 Uhr: Auf der Autobahn 2 sollte sich in Höhe der Anschlussstelle Lauenau ein Unfall mit mehreren LKW und Schwerverletzten ereignet haben.
Viele der Helfer waren gerade auf dem Weg zur Arbeit und saßen deshalb schon im Auto, als ihre Meldeempfänger auslösten.
So konnten sie direkt zu den Feuerwachen in Lauenau, Pohle und Rodenberg fahren, um sich umzuziehen und innerhalb weniger Minuten mit den Fahrzeugen zur Rettung der offenbar eingeklemmten Verletzten auszurücken.
Da die Leitstelle aufgrund des Notrufs von einem Massenanfall von Verletzten hatte ausgehen müssen, waren auch drei hauptamtliche Rettungswagen und zwei Notarzteinsatzfahrzeuge alarmiert worden.


Weitläufiges Trümmerfeld
An der Einsatzstelle, direkt im Bereich des Auffahrtstreifens der Anschlussstelle Lauenau in Richtung Hannover, erwartete die Einsatzkräfte ein langgezogenes Trümmerfeld:
Ein Sattelzug aus Osteuropa war offenbar, bergab mit Schwung fahrend, fast ungebremst in das Ende eines Staus gefahren.
Der Rückstau hatte sich am Morgen aufgrund von Fahrbahnsanierungsarbeiten aufgebaut, die durch einen schweren Unfall zwei Tage zuvor bei Bad Nenndorf nötig geworden waren und die Nacht über angedauert hatten.


Vergebliche Notbremsung
Der Fahrer, der entgegen der aufgehenden Sonne fuhr, erkannte das Stauende offenbar erst im letzten Moment und versuchte noch, eine Notbremsung einzuleiten.
Doch vergeblich: Mit hohem Tempo krachte er in den, mit zwei Mitarbeitern besetzten, Auslieferungs-LKW eines Möbelhauses und schob ihn auf das Heck eines weiteren Lastwagens.


LKW wurden aufeinander geschoben
Die Wucht des Aufpralls muss sehr heftig gewesen sein. Der leichte Kofferaufbau des Möbel-LKW wurde auf mehreren Metern aufgerissen, Teile davon waren später noch mehr als hundert Meter weiter unter der Brücke der B442 zu finden.
Seine Kabine wurde gegen das Heck des davor stehenden LKW und dadurch auf der Fahrerseite bis auf weniger als einen halben Meter zusammengedrückt.


Anschließend rutschte der Verursacher mit zerstörtem Fahrerhaus rechts an den beiden Lastwagen vorbei und kam leicht quer auf dem Standstreifen neben einem mit Gefahrgut beladenen LKW zum Stehen.


Nach ersten Angaben der Feuerwehr konnte der Mann mit Hilfe von Rettungskräften noch selbst aus der zerstörten Kabine krabbeln, obwohl er schwer verletzt worden war.


Fahrer war vermutlich sofort tot
Auch der Beifahrer aus dem Möbel-LKW wurde erheblich verletzt, konnte aber demnach ebenfalls selbst aus demWrack klettern.
Für seinen schwer eingeklemmten Kollegen kam leider jede Hilfe zu spät.
Schnell stellten die Retter fest, dass der 57-Jährige keine Lebenszeichen mehr hatte – vermutlich war der Mann sofort durch den Aufprall getötet worden.


Zwei Rettungshubschrauber im Einsatz
Dem Rettungsdienst blieb deshalb nur, sich intensiv um die beiden Schwerverletzten zu bemühen.
Bei Verletzungen wie ihren hat sich in der Notfallmedizin die „Golden Hour of Trauma“ als Standard etabliert:
Danach haben Unfallopfer die besten Überlebenschancen, wenn sie innerhalb einer Stunde nach dem Unfall in spezialisierten Trauma-Krankenhäusern ankommen, in denen auch, von außen meist nicht sofort sichtbare, innere Verletzungen schnell operiert werden können.
Deshalb flogen auch die Rettungshubschrauber Christoph 4 aus Hannover und Christoph 13 aus Bielefeld die Unfallstelle an und landeten auf der voll gesperrten Autobahn.


Die Fahrbahn Richtung Hannover war relativ schnell nach der Unfallmeldung abgeriegelt worden.
Nach Angaben einer Polizistin hatte sich zufällig ein mobiler LKW-Kontrolltrupp der Polizei ganz in der Nähe der Unfallstelle aufgehalten, als die Meldung einlief.
Noch vor der Autobahnpolizei aus Garbsen erreichten die Beamten die Unfallstelle und leiteten die Vollsperrung ein, um die ungehinderte Arbeit der Feuerwehr zu ermöglichen.




Ersthelfer berichtete: Niemand hielt an!
Bis dahin waren nach Angaben eines Ersthelfers etliche Verkehrsteilnehmer allerdings noch minutenlang teilnahmslos vorbeigerollt.
Mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit, Wut und Hilflosigkeit berichtete der Mann am Rande der Rettungsarbeiten, dass er in Lauenau auf die Autobahn gefahren sei und plötzlich die Unfallstelle gesehen habe.
Obwohl die Fahrbahn von Wrackteilen und Splittern übersät war, habe kein anderer Auto- oder LKW-Fahrer angehalten; weder um Erste Hilfe zu leisten, noch um wenigstens die Unfallstelle abzusichern.


Autofahrer wendeten auch in der Auffahrt
Wie Rücksichtslos einige Autofahrer waren, konnte ich auch selbst erleben:
Sie kamen mir auf der Zufahrt entgegengesetzt der Fahrtrichtung entgegen oder wendeten trotz durchgezogener Linie – und blockierten damit während der ersten wichtigen Minuten immer wieder die einzige Zufahrt zur Einsatzstelle.


Erfahrene Feuerwehrleute bergen Toten
Während die Verletzten mit den Hubschraubern zur medizinischen Versorgung ausgeflogen wurden, hatten die Feuerwehrleute die belastende Aufgabe, den Toten aus dem Wrack zu bergen.
Auch wenn die Feuerwehrleute entlang der A2 immer wieder übel zugerichtete Unfallopfer aus Fahrzeugen schneiden müssen, darf man nicht vergessen, dass sie ehrenamtlich, also unbezahlt, helfen.


Bei den Einsatzleitern der Feuerwehr wird deshalb sehr darauf geachtet, dass möglichst lebenserfahrene Kollegen die Bergung vornehmen – und jüngere Männer und Frauen vor solchen Anblicken noch geschützt werden.
Der Möbellaster wurde mit einer speziellen Schlaufe und der Hilfe eines Feuerwehrfahrzeuges zurückgezogen. Mit einem Spreizer dehnten die Helfer anschließend die Kabine und bargen den Toten.


Nach rund zwei Stunden war der Einsatz für die Ehrenamtlichen beendet.
Verkehrschaos bis in den Abend – keine Verkehrslenkung durch die Polizei!
Für Aufräumarbeiten und die Spurensicherung der Polizei war die Autobahn noch bis in den Abend gesperrt. Auf der B65, der B442 und den Umleitungsstrecken kam es deshalb den ganzen Tag über zu chaotischen Verhältnissen.
Bei solchen Gelegenheiten zeigt sich leider immer wieder deutlich eine Unterbesetzung oder vielleicht auch einfach Konzeptlosigkeit der örtlichen Polizeidienststellen:
Eine gesamtheitliche Verkehrsregelung findet bei Sperrungen dieser Art kaum statt.
Stattdessen wird in Kauf genommen, dass der Verkehr in allen benachbarten Dörfern rund um die A2 für Stunden zum Erliegen kommt, weil zum Beispiel Ampeln auf der Umleitungsstrecken nicht manuell geschaltet werden, Lastwagenfahrer unkontrolliert verbotene Umleitungen durch kleine Dörfer benutzen oder keine vorrangige Verkehrsleitung durch Polizisten erfolgt.


Das Problem, abseits der zusätzlichen Umweltbelastung und des volkswirtschaftlichen Schadens:
Sollte es zu einem weiteren Einsatz der Feuerwehren kommen, haben die Ehrenamtlichen einfach wenig Chance zum Feuerwehrhaus zu kommen, und auch das Erreichen des nächsten Einsatzortes wird deutlich verzögert.
Hinweis: Alle Fotos sind für die eingesetzten Rettungskräfte kostenlos zu erhalten. Bitte wendet euch bei Interesse mit einer offiziellen Mailadresse eurer Organisation an redaktion@n112.de!